Sprachgesteuerte Suche: Das Ende des Internets wie wir es kennen?

Der Spruch ist schon so alt, wie das Internet selbst, doch neulich wollte ein größerer Kunde eine Beratung in der sprachgesteuerten Suche haben - das Ziel: die Nummer 1 zu werden. Das Ziel wurde erreicht, doch die Konsequenzen daraus sind nicht unerheblich und bedeutet nicht nur für meinen Kunden, sondern auch für alle anderen Unternehmen, welche sich in diesem Bereich etablieren wollen, große Risiken, wenn strategische Überlegungen und Maßnahmen fehlen. Warum das so ist und wie die sprachgesteuerte Suche das Internet nachhaltig verändern kann, möchte ich in diesem Blogbeitrag erläutern.

Kurzdefinition:

Die sprachgesteuerte Suche funktioniert mit den sog. digitalen Assistenten in einem sehr heiß umkämpften Suchmaschinenmarkt. Ziel soll sein, nur mit Hilfe der Sprache an Informationen zu gelangen, ganz ohne Bildschirm. Diese Technik ließe sich dann überall einsetzen.

Sprachgesteuerte Suche

Warum sollte sich das Internet durch die sprach­gesteuerte Suche verändern?

Alexa (Amazon Echo), Siri, Cortana und Konsorten geben bei der sprachgesteuerten Suche jeweils den ersten Treffer zum Besten - mehr nicht! Im Idealfall trifft der Kunde seine Entscheidung für das Unternehmen, bzw. für dessen Produkt oder Dienstleistung. Der Zweite auf der Ergebnisliste hat aber das Nachsehen - er wird schlichtweg nicht erwähnt und der Kunde bekommt vom vielleicht besseren Produkt nichts mit. Der Kunde hat auch kaum Möglichkeiten zur Selektion, bzw. zur erweiterten Recherche, wie es ein Bildschirm ermöglicht. Die Konsequenzen daraus sind die fehlende visuelle Kontrolle der Ergebnisse und die Einschätzung über die Qualität des Suchergebnisses.

Die selektive Auswahl ist ein Problem bei Informationsergebnissen

Bei Produkten oder Dienstleistungen mag das noch in Ordnung sein. Problematisch wird die sprachgesteuerte Suche bei Informationen. Bspw. Fluginformationen: die Assistenten tun ihren Dienst und sagen einem, wann der Flug erwartet wird - ganz ohne die entsprechende Flughafenseite aufrufen zu müssen und das noch bequem mit weiteren Informationen, wenn sich der Status zum Flug verändert. Parkplatzreservierung am Flughafen - kein Problem, sollte funktionieren, aber bitte schön beim günstigsten Parkplatzanbieter. Der Sprachassistent kümmert sich darum, genauso wie um den Einkauf bei Amazon. Wer hier nicht die Nummer 1 ist, hat quasi schon verloren. Der Suchende kann auch nicht mehr verifizieren, woher diese Informationen stammen: vom Flughafen? Wer weiß, woher der Sprachassistent seine Daten bezieht - und wie vertrauenswürdig diese sein können?

Bei Informationen zu Politik oder Allgemeinwissen zeigt sich die große Gefahr der Manipulation, was man bei der letzten Wahl des US-Präsidenten mit den sog. "Fake News" ganz gut verfolgen konnte. Wenn der Sprachassistent die "richtige " Antwort aus den Internet wiedergibt - glauben Sie ihm? Nein? Warum haben Sie ihn dann gefragt? Die Assistenten werden ohne Frage immer besser werden und den Alltag der Menschen sicherlich auch nützlich unterstützen können. Doch das Internet lebt von seiner Vielfalt, von hunderten von Webseiten zum gleichen Thema, aus der sich der Suchende seine Meinung bilden kann. Das können die sprachgesteuerten Assistenten nicht. Lohnt es sich dann für andere Webseitenbetreiber noch Informationen bereitzustellen, wenn diese nicht mehr vom Suchenden besucht werden? Und der Aufwand der zu betreiben ist, um an die erste Position zu kommen, ist nicht unerheblich. Kleinere und mittlere Informationswebseiten können den zu betreibenden Aufwand nicht mehr stemmen und ihre Dienste womöglich einstellen, bzw. nicht mehr pflegen. Eine Interaktion mit der Webseite findet bei der Sprachausgabe zudem nicht statt. Der Webseitenbetreiber kann den Suchenden nicht als Besucher werten und eine Monetarisierung der Webseite kann nicht erfolgen. Die Informationsqualität wird unter der sprachgesteuerten Suche wohl zwangsläufig darunter leiden.

Rich Snippets sind der erste Versuch

Man kann die Entwicklung ganz gut an den sog. Rich Snippets von Google nachvollziehen: wer klickt denn noch auf das zweite Ergebnis, wenn das Snippet schon eine für die meisten schon zufriedenstellende Antwort liefert? Rich Snippets sind der Versuch von Google und Bing an der sog. Position 0 die beste automatisierte Antwort zur Suchanfrage zu liefern. Natürlich bilden diese Rich Snippets auch die ideale Grundlage für die Sprachausgabe einer entsprechenden Suche:

Sprachgesteuerte Suche - Rich Snippets
Quelle & © Google

Zurück zur Gefahr für Unternehmen: eine Position 0 zu erreichen ist nicht das Problem, sondern diese zu halten. Verschläft ein Unternehmen den Markt der sprachgesteuerten Suche, so spielt das Unternehmen in ein paar Jahren womöglich keine Rolle mehr, weil die Suchenden das Produkt oder die Seite ohne Bildschirm nicht mehr finden werden. Gleiches gilt für Unternehmen, welche die Position 0 für sich beanspruchen können. Kommt ein konkurrierendes Unternehmen an die Position 0, so kann unter Umständen ein ganzes Geschäftsmodell darunter leiden oder wird im schlimmsten Fall komplett zerstört. Es bedarf auch in der sprachgesteuerten Suche einer nachhaltigen SEO-Strategie. Wer hier auf Zufall setzt, hat kaum Chancen auf die vorderen Plätze.

Wenn sich die sprachgesteuerte Suche im Internet in ein paar Jahren durchgesetzt hat, dann ist das Internet in seiner Vielfältigkeit und Chancengleichheit wie wir es kennen auf massive Weise bedroht. Wie denken Sie darüber?